4 Mein Name, mein Markenzeichen

Geben wir es offen zu: Keine Firma würde ein Produkt auf den Markt bringen, ohne vorher den Namen ausgiebig getestet zu haben. Tausende von DM werden dafür ausgegeben, um festzustellen, wie ein Name auf den Konsumenten wirkt, und nicht selten entscheidet der Name über Erfolg und Mißerfolg eines Produktes.

Doch wie ist es bei uns Menschen? Sollte es bei uns anders sein? Beurteilen wir ein Waschmittel nach dem Markennamen und einen Menschen nach — ja wonach eigentlich? Sicherlich häufig zuerst nach dem Aussehen, wenn wir jemanden besser kennengelernt haben, auch nach seinem Charakter. Doch sehen wir im Zeitalter von Telefon und Telefax überhaupt noch alle Menschen, mit denen wir zu tun haben? Haben wir die Zeit alle persönlich kennenzulernen und zu beurteilen? Oder kennen wir nur den Namen auf dem Briefkopf, den Namen am Telefon, den Namen in unserem Adreßbuch? Betrachten wir ein typisches Gespräch einer Sekretärin mit ihrem Chef:

Sekretärin: „Herr Grottentröter von der Firma Minifax ist am Telefon.“
Chef: „Wer?“
Sekretärin (kichernd): „Herr Grottentröter von der Firma Minifax.“
Chef: „Sagen Sie ihm, ich sei in einer Besprechung.“

Nehmen wir einmal an, das sei das erste Mal, daß der Chef den Namen Grottentröter hört. Ist seine Reaktion nicht vollkommen verständlich?

Häufig sind wir gezwungen, unser Urteil aufgrund eines Namens zu fällen. Doch die meisten Menschen sind ihrem Namen wehrlos ausgeliefert (insbesondere die, die dieses Buch noch nicht gelesen haben). Hilflos müssen sie mit ansehen, wie der Name das Leben prägt. Manche können sich im Glanze ihres Namens sonnen, andere müssen Hohn und Spott über sich ergehen lassen.

Das fängt schon in der Kindheit an. Schon Kleinkinder merken, wie Verwandte und Bekannte auf ihren Namen reagieren. Die kleine Vicky wird sicherlich als besonders süßes Baby angesehen, doch spätestens in der Schulzeit wird ihr dieser Name zum Verhängnis. Sie wird noch lange an ihrem schlüpfrigen Spitznamen zu leiden haben.

August trifft es besonders schwer. Jedermann wird ihn wie den sprichwörtlichen dummen August behandeln. Dieser besonders starke Erwartungsdruck wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit in seinem Charakter niederschlagen. Seien Sie doch einmal ganz ehrlich, kennen sie einen klugen Mann namens August?

Doch nicht alle Namen wecken so offensichtliche Assoziationen. Menschen mit dem Vornamen Walter konnten in Ruhe und Frieden leben, bis ein Lied mit dem Titel Mein Gott, Walter bekannt wurde. Glücklicherweise handelte es sich hierbei nur um eine Modeerscheinung, so daß diese Menschen heute wieder ein normales Leben führen können.

Barocke Vornamen wie Edeltraut, Timotheus, Magdalene und ähnliche waren früher weit verbreitet und deshalb harmlos. Heutzutage sind sie jedoch veraltet, und so manches Kind mit solchem Namen wird von seinen Spielkameraden schnell ins soziale Abseits gedrängt.

Modenamen wie Dirk, Tanja, Ralf, Gabi und andere sind von ihren sozialen Konsequenzen unschädlich. Sie erschweren jedoch die individuelle Persönlichkeitsfindung und bergen die dauerhafte Gefahr der Mittelmäßigkeit. Einige Eltern haben das instinktiv erkannt und ihren Kinder deshalb Doppelnamen gegeben.

Viele von Ihnen werden jetzt bemerkt haben, daß auch der Vorname einen großen Einfluß auf Ihr Leben hat und so mancher wird seine Eltern verfluchen. Doch seien Sie nicht zu streng. Auch ungewöhnliche oder absonderliche Namen können Sie zu Ihrem Vorteil nutzen. Ich werde später Beispiele dazu geben.

Betrachten wir jetzt einen neuen Lebensabschnitt. Während der Schul– und Ausbildungszeit entwickeln die meisten Menschen ihre eigenständige Persönlichkeit. Manche wickeln sich in alte Lumpen und tragen Frisuren, die aussehen wie bunt lackierte Vogelnester, andere wiederum geben ihr Geld für die neuesten Farben von Benetton aus, stöbern durch Boutiquen und hüpfen durch Diskotheken. Sie werden Punker oder Banker, Popper oder Flopper. In dieser Phase wird der eigene Name durch den Namen der Gruppe ergänzt oder gar ersetzt.

Fritzchen Möller wird mit seiner Kurzhaarfrisur, seinen Springerstiefeln und seiner Lederjacke sicherlich eher als Skinhead als mit seinem Eigennamen bekannt sein. Elke Schmidt mit ihrer modischen Kleidung und der teuren Dauerwelle werden die meisten Leute als die Modepuppe oder Schicki–Micki–Maus kennen.

Offenbar gibt es hier eine gewisse Flucht vor dem eigenen Namen. Ein Rückzug in die Anonymität der Gruppe. Doch die Sicherheit der Gruppe ist trügerisch. Im näheren sozialen Umfeld schlägt der eigene Name gnadenlos zu. Die folgenden Fallbeispiele mögen das verdeutlichen:

Jürgen Schrotmann begann eine Lehre als Maschinenschlosser. Leider wurde ihm schon bald der Spitzname Schrotti verliehen. Unter dem starken Erwartungsdruck, der durch diesen Namen auf ihm lastete, passierten ihm dann tatsächlich häufiger kleine Mißgeschicke. Nachdem ein 300 000 DM teurer Schaufellader in ein Hafenbecken rollte, weil Jürgen vergessen hatte, die Bremse anzuziehen, wurde ihm von der Firmenleitung nahegelegt, die Firma zu verlassen.

In dieser ausweglosen Situation traf Jürgen auf einen Kenner der Namenstheorie, der ihm zu einer Lehre als Jäger riet. Hier wurde er von seinen neuen Kollegen sehr schnell akzeptiert und hoch geschätzt. Er gewann neues Selbstvertrauen und wagte es schließlich in Afrika eine Karriere als Leiter von Fotosafaris zu beginnen. Jürgen Schrotmann hat heute ein Einkommen, von dem seine ehemaligen Kollegen nur träumen können.

Babette Stoffels war eine fähige und sehr gutaussehende Sekretärin. Durch ihren Namen kam sie jedoch zu Unrecht in den Ruf, etwas schusselig zu sein. Ein weiterer beruflicher Aufstieg schien ihr verwehrt. Glücklicherweise heiratete sie einen Mann mit dem Namen Bildmann. Als das junge Ehepaar in eine andere Stadt zog, suchte sich Babette eine neue Anstellung. Frei von den Zwängen ihres alten Namens stieg sie sehr schnell zur Chefsekretärin auf und es wird gemunkelt, daß sie gute Chancen hat bald den Posten des Prokuristen zu erhalten.

Am letzten Beispiel wird deutlich, daß die Heirat einen großen Einfluß auf unser Leben haben kann. Begehen Sie niemals den Fehler, bei Ihrer Heirat einen falschen Namen anzunehmen. Mir persönlich ist ein Fall bekannt, in dem eine junge Frau den Namen Stupott annahm. Die Kenntnis, daß dieser Name die Bedeutung eines Eintopfgerichtes hat und in dem alten westfälischen Schimpfspruch Ick will dick to Stupott hacken vorkommt, läßt uns schnell erahnen, daß ein weiterer sozialer Aufstieg für diese Frau nur noch schwer möglich ist. Deshalb mein dringender Rat: Heiraten Sie progressiv! Nehmen Sie den besseren Namen an! Der Blick in ein Namenslexikon kann so manchen Fehler verhindern.

Offensichtlich sind die Gefahren, die durch den Namen drohen, vielfältiger Natur. Ein eigentlich harmloser Name kann zum Hemmnis werden, wenn seine ursprüngliche Bedeutung bekannt wird. Aber auch gewissenlose Partyspiele, bei denen der Name von hinten ausgesprochen wird können verheerende Konsequenzen nach sich ziehen. Menschen mit Namen wie Struv, Laro und Lese wissen ein Lied davon zu singen.

Selbst im Berufsleben bleiben wir von der Wirkung unseres Namens nicht verschont. Erst kürzlich erfuhr ich von dem folgenden tragischen Fall:

Ein Mann mit dem normalerweise harmlosen Namen Günther Rabber wechselte an einen Arbeitsplatz, an dem das Tragen von Namenschildern Pflicht war. Auf diesen Schildern stand der Nachname sowie der erste Buchstabe des Vornamens. Dadurch geriet Günther Rabber sehr schnell in den Ruf, seine Kolleginnen sexuell zu belästigen. Auch der Umgang mit Kundinnen wurde problematisch. Leider ließ sich die Geschäftsleitung nicht davon überzeugen, den verhängnisvollen Buchstaben durch die Anrede Herr zu ersetzen. G. Rabber sah sich gezwungen, die Firma zu verlassen und einen Arbeitsplatz mit einem niedrigeren Gehalt anzunehmen.

Äußerst gefährlich ist es auch, wenn ein Name in einem anderen Kulturkreis eine andere Bedeutung hat. So wird ein Geschäftsmann mit dem Namen Wimp in England nur wenig Aussicht auf Erfolg haben, denn jeder weiß, daß es sich hierbei um einen ausgemachten Feigling handelt.

Wenn Sie sich jetzt fragen, ob Sie wenigstens im hohen Alter von den Auswirkungen Ihres Namens verschont bleiben, dann muß ich Sie leider enttäuschen. Wer hat noch nie von dem alten Bock oder dem alten Wolf gehört? Und denken Sie daran: Alte Menschen nehmen häufig wieder kindliche Verhaltensweisen an. Die Spottnamen aus Ihrer Kindheit können zurückkehren.

Am Ende dieses Kapitels möchte ich einen Appell an alle künftigen Eltern richten. Sie wissen jetzt um einige der Gefahren, die einem Kind durch seinen Namen drohen. Wählen Sie den Namen Ihres Kindes sorgfältig. Lesen Sie Telefonbücher. Sehen Sie in Namenslexika nach. Achten Sie auf eventuelle Verhohnepipelungen. Fragen Sie Freunde und Bekannte nach ihrer Meinung. Und wenn Sie vollkommen ratlos sind, erkundigen Sie sich bei einer Werbeagentur. Diese Leute können die Wirkung eines Namens meistens sehr genau abschätzen.

Zur Zeit noch ein echter Geheimtip, aber sehr wirkungsvoll: Fragen Sie bei der Polizei nach den Namen von erfolgreichen Trickbetrügern. Die Polizei wird denken, daß sie sich vor Betrug schützen wollen und Ihnen gerne Auskunft erteilen.

Das Leben ist wie die Wellen des Meeres,
Höhen und Tiefen liegen eng beianander.
A. Sieg