8 Doppel– und Mehrfachnamen

8.1 Der doppelte Nachname

Früher war es gestattet, bei einer Heirat doppelte Nachnamen zu wählen. Am 26 November 1993 jedoch stimmte der deutsche Bundesrat einem Gesetz zu, nach dem nur noch einer der beiden Ehepartner einen Doppelnamen annehmen darf. Obwohl Sie nach dem Studium dieses Kapitels feststellen werden, daß es gute Gründe gegen den Wildwuchs von Doppelnamen gibt, so stellt die gesetzliche Regelung doch einen tiefen Einschnitt in die persönliche Freiheit des Einzelnen dar. Führende Namensforscher haben mir versichert, daß sie diese Entwicklung mit Bedauern betrachten und daß es nie ihre Absicht war, mit ihren Untersuchungen die Grundlage für derartige gesetzliche Einschränkungen zu schaffen. Wir können aber hoffen, daß die Politiker diesesmal einsehen werden, daß gerade in einem so wichtigem Bereich wie dem der Namenswahl die freie Willensentscheidung Vorrang vor der gesetzlichen Regelung haben muß, und daß das Gesetz schon bald einer notwendigen Korrektur unterzogen wird.

Tatsächlich erfährt die einfache progressive Heirat, wobei der bessere Name der beiden Partner angenommen wird, mit der Möglichkeit der Doppelnamen eine grundlegende Erweiterung. Die geschickte Kombination zweier Nachnamen kann die Lebenssituation entscheidend verbessern. Trotzdem wird gerade diese Möglichkeit nur selten genutzt. Im Gegenteil, die meisten Doppelnamen sind so unglücklich gewählt, daß man dabei unwillkürlich an den Racheakt eines sitzengelassenen Standesamtbeamten denken muß.

Klothilde Klohöl–Höhlhuus bewarb sich in einem großen Industriebetrieb um eine Stelle als Abteilungsleiterin. Ihre Zeugnisse und ihr Auftreten waren überzeugend. Der Personalchef ließ die leichten Bedenken, die er wegen ihres Namens hatte, nicht in sein Urteil einfließen. Sie bekam den ausgewiesenen Posten.

Doch schon im Vorfeld ihrer Arbeit gab es Probleme. Die Kollegen konnten sich ihren Namen nicht merken, geschweige denn aussprechen oder schreiben. Bei vielen hieß sie dann „Die neue Chefin, wie heißt sie noch gleich?“ Wagemutigere Betriebsangehörige ließen sich ihr Unwissen nicht anmerken. Sie öffneten und schlossen rhytmisch ihren Mund, wobei sie einen Luftschwall ausstießen, in der Hoffnung mit dieser Technik dem Klang ihres Namens möglichst nahezukommen.

Schwierigkeiten gab es auch mit den Kunden. Vielen eingehende Schreiben wurden an eine Frau Klohaus, Hochhaus oder Höhenhut gerichtet. Anrufer verlangten bei wichtigen Geschäften lieber Herrn Schneider oder baten darum, mit der Chefetage verbunden zu werden.

Frau Klohöl–Höhlhuus wurde im Interesse des Betriebsklimas und der Kundschaft entlassen. Angeblich hat sie später neu geheiratet.

Kurt Kritz–Katzel war als Angestellter beim Arbeitsamt tätig. Bevor er heiratete, schätzten ihn seine Kollegen als zuverlässigen freundlichen Mitarbeiter. Nach seiner Heirat änderte sich die Situation jedoch schlagartig. Hilfesuchende Bürger fragten nach einem Herrn Kritzelkratzel, Kittekat oder Kitzelschatzel. Schnell wurde er zum Spott der gesamten Belegschaft.

Kurt Kritz–Katzel wurde mit dieser Belastung nicht fertig. Schon bald litten seine Kollegen unter seiner chronisch schlechten Laune und seine Handschrift war kaum noch zu entziffern.

Glücklicherweise erkannte sein Vorgesetzter die Ursache der Situation. Weil eine Scheidung nicht in Frage kam, wurde Herr Kritz–Katzel in die Chiffrierabteilung eines Nachrichtendienstes versetzt.

Später stellte sich heraus, daß seine Frau für einen östlichen Geheimdienst arbeitete, dem zufällig eine Vorabversion des Manuskriptes zu diesem Buch in die Hände gefallen war.

In solchen Fällen ist meistens die Notscheidung die einzige Rettung, aber wie kann es zu derartig haarsträubenden Kombinationen kommen? Ist es pure Dummheit oder ein Beweis dafür, daß Liebe wirklich blind macht?

Interessanterweise sind es gerade Menschen mit einem hohen Bildungsniveau, die dazu neigen, sich Doppelnamen zuzulegen. Sie halten sich für besonders fortschrittlich und glauben unter anderem, der Doppelname zeige, daß sie ihre Frauen als gleichberechtigt ansehen. Umgekehrt bestehen viele Frauen aus dem gleichen Grund auf einen Doppelnamen. Wie ich schon vorher erläutert habe, ist es bei Uneingeweihten häufig so, daß sie sich einen Partner suchen, dessen Name ähnlich klingt. Das Unglück ist vorprogrammiert.

Es gibt auch Menschen, die glauben, der Doppelname würde sie vor dem Fremdgehen ihres Partners schützen. Personen mit Doppelnamen werden allgemein als verheiratet angesehen. Eventuelle Liebhaber(innen) nähern sich vorsichtiger oder überhaupt nicht. Ein Doppelname erfüllt in diesem Fall die gleiche Funktion wie ein Ehering.

Wir können über so viel weltfremdes Verhalten nur staunen, doch sind es genau diese Kardinalfehler, die den Doppelnamen zu einer der am meisten mißbrauchten Errungenschaften unserer Zivilisation gemacht haben.

Daher meine Bitte an alle Frauen: Zwingen Sie ihrem Mann keinen Namen auf, den er später bereuen würde. Überlegen Sie gemeinsam, welcher Name Ihnen und später auch Ihren Kindern am meisten nützt. Lassen Sie sich dabei nicht von falschen Vorstellungen oder Modeerscheinungen leiten. Wirklich fortschrittliche Männer lieben und respektieren ihre Frau auch ohne Doppelnamen.

Trotzdem gibt es Bereiche, in denen eine Katastrophenkombination sinnvoll erscheint. Manche intellektuelle Kreise legen großen Wert auf eine Abgrenzung gegenüber gewöhnlichen Sterblichen. Sie sind äußerst stolz darauf, wenn andere Menschen nicht fähig sind, ihren Namen richtig zu schreiben oder auszusprechen. Das gibt ihnen ein gewisses Überlegenheitsgefühl. Menschen, die sich in solchen Kreisen aufhalten müssen oder, aus welchen Gründen auch immer, aufhalten wollen, können schnell ins soziale Abseits geraten, wenn sie einen gewöhnlichen Namen tragen. Als Leser dieses Buches sollten Sie jedoch immer fähig sein, jede Katastrophenkombination mit brillanten Argumenten abzulehnen oder einen anderen Ausweg zu finden.

Anmerkung: Sie werden die Erfahrung machen, daß Argumente in vielen Situationen unwirksam sind. Normalerweise ist es so, daß Menschen sich ihre Meinung aufgrund von Vorurteilen bilden und erst dann anschließend ihren Verstand benutzen, um ihre vorgefaßte Ansicht zu untermauern. Außerdem arbeitet der menschliche Intellekt bei fast allen Menschen ausgesprochen selektiv, das heißt ein Mensch ist in manchen Bereichen zu erstaunlichen logisch schlüssigen Gedankengängen fähig, in anderen versagt die Intelligenz offenbar vollkommen.

Das führt zu einer Reihe von paradox erscheinenden Zuständen. Geniale Wissenschaftler können die besten Familienväter sein und gleichzeitig voller Überzeugung Waffensysteme konstruieren, die eines Tages ihre Kinder vernichten könnten. Viele Personen führen ein beispielhaftes Leben voller Nächstenliebe und huldigen doch einem Gott, nach dessem Wille die meisten Menschen nach dem Tode in die sogenannte Hölle eingehen, wo sie ewige furchtbare Qualen erleiden werden.

Die angesprochenen Effekte können immer wieder in Fersehdiskussionen und politischen Entscheidungen beobachtet werden. Sie bewirken auch, daß manche Menschen, insbesondere die mit einem seltsamen Namen, den Argumenten der Namenstheorie wenig aufgeschlossen sind. In solchen Fällen kann es für Sie nützlich sein, ihre Argumente durch subtile Techniken der Bewußtseinsmanipulation zu unterstützen. Das Buch Einfluß von Cialdini ist hier sehr empfehlenswert.

Mit etwas Besorgnis betrachte ich die zunehmende Tendenz auch im normalen Alltagsleben komplizierte und geschwollene Namen und Begriffe für besonders schick und ansprechend zu halten. Überall begegne ich heutzutage Azubis (Lehrlinge), Raumpflegerinnen (Putzfrauen) und anderen befremdlichen Begriffsbildungen.

Einige führende Soziologen behaupten, daß in kommenden Generationen der komplizierte, unaussprechliche und unmerkbare Name der Normalfall sein wird. Ein guter Bekannter von mir, der sich auf dem Gebiet der Small–Talk–Forschung einen großen Namen erworben hat, vertritt die These, daß auf zukünftigen Parties die namentliche Vorstellung einen großen Teil der Gesprächszeit in Anspruch nehmen wird. Er stellte mir freundlicherweise das folgende simulierte Szenario zur Verfügung:

Eine Feier irgendwo in der Zukunft. Ein leicht angetrunkenes Partygirl und ein männlicher Gast begegnen sich.

Partygirl:
„Hallo Großer, wir sind uns noch gar nicht vorgestellt worden.“
Gast:
„Ich heiße Alf Dieter Dasch Phillipps Doglas Bogus Gonzowicz–Ratajczak–Meysser–Ratzke–Müller–Meier.“
Partygirl:
„Wie?“
Gast:
„Alf Dieter Dasch Phillipps Doglas Bogus Gonzowicz–Ratajczak–Meysser–Ratzke–Müller–Meier.“
Partygirl:
„Alf Dieter Dasch …Filius …Parfüm …?“
Gast:
„Nein, Alf Dieter Dasch Phillipps Doglas Bogus Gonzowicz–Ratajczak–Meysser–Ratzke–Müller–Meier.“
..
.
Partygirl:
„Alf Dieter Dasch Phillipps Doglas Bogus Gonzowicz–Ratajczak–Meysser–Ratzke–Müller–Meier?“
Gast:
„Ja genau, und wie heißt du?“
Partygirl:
„Ich bin Lola Nutella Amiga Palmina Wichy Babe Quelle–Rade–Gaffer–Kindler–Birke–Ranke.“
Gast:
„Aha!“

Ich war über diesen Dialog zutiefst besorgt, deutete er doch auf eine weitgehende geistige Verarmung hin. Mein Bekannter konnte mich jedoch beruhigen. Er machte mich darauf aufmerksam, daß das geistige Niveau in der Zukunft keinesfalls gesenkt würde, es würde sich eher um eine Verschiebung handeln. Zum Beweis präsentierte er mir ein typisches Gespräch wie es heutzutage in Kneipen, Bistros und Cafés geführt wird. Die beiden Akteure hat er willkürlich Moni und Jörg genannt.

Jörg:
„Ich war gestern im Schaum.“
Moni:
„In dem Schuppen? Da gehe ich nicht mehr hin. Die Typen sind da so komisch. Ich war im Café Ketchup.“
Jörg:
„Da bin ich schon lange nicht mehr gewesen, aber Montag war ich mal wieder im Kurzen Kuckuck.“
Moni:
„Montag? Laß mich mal überlegen. Da war ich im Cabri–Parc.“
Jörg:
„Da kann man doch nicht mehr hingehen. Die sind doch da so dumpf.“
Moni:
„Morgen will ich ins Jazzblech.“
Jörg:
„Neh, seit dem die da umgebaut haben. Ich gehe lieber ins Donnerknall.“
Moni:
„Bei den seltsamen Leuten?“
Jörg:
„Was könnten wir denn heute noch machen?“
Moni:
„Wir könnten doch noch ins Blackout. Mal so richtig aufdrehen.“
Jörg:
„Ins Blackout? Neh du, das gefällt mir nicht. Da gehe ich nie wieder hin.“
Ein anderer Gast mischt sich ein:
„Ihr seid doch hier im Blackout.“
Jörg:
„Eeh, …?“
Moni:
„Ööh, …?“

Es handelt sich um einen wirklichkeitsgetreuen Wo–gewesen,–wohin–gehen?–Dialog. Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein, daß es auch in diesem Gespräch hauptsächlich um Namen geht.

Kehren wir zurück zu den Doppelnamen. Manchmal werden Doppelnamen unbedacht gewählt, weil Paare sie anfangs spaßig oder komisch finden. Der damit zur Schau gestellte Humor verfliegt aber schnell, denn diese Namen werden mit der Zeit so lästig wie ein alter Witz.

Volker Werk bewies bei seiner Vermählung mit Andrea Wagen den besonderen Humor. Nach der Heirat hieß er Volker Wagen–Werk.

In den Flitterwochen machte das Paar eine Weltreise. Der neue Name kam ihnen dabei sehr zugute. In jedem Winkel der Erde wurden sie wie alte Bekannte aufgenommen. Man behandelte sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Respekt, wie sie sonst nur großen Persönlichkeiten (Namen) entgegengebracht wird.

Doch zurück in der Heimat verflog Volkers neues Glück. Seine Arbeitskollegen fingen an, ihn nach den Preisen der verschiedenen Modelle einer bestimmten Automobilmarke zu fragen. Bei technischen Diskussionen hieß es, Volker sei der Fachmann. Andere machten aber auch Witze und meinten, er wäre besser Autoverkäufer geworden.

Der gelernte Kurzwarenverkäufer fing an zu verzweifeln, doch ein glücklicher Zufall veränderte sein Leben. Während einer Feier lernte er einen echten Autoverkäufer kennen. Der gewitzte Verkaufsspezialist erkannte sofort das ungeheure Potential in Volkers Namen. Er überredete ihn, dem Druck der Kollegen nachzugeben, und nebenbei Autos an sie zu verkaufen.

Der Rat war gut. Manche Kollegen kauften begeistert und verhalfen Volker so zu einer unerwarteten Gehaltsaufbesserung. Die anderen verhielten sich lieber still und stellten jeden Spott ein.

8.2 Mehrfache Vornamen

Der Vorname nimmt eine besondere Stellung im Leben ein. Er dominiert praktisch die gesamte Kindheit, während der Nachname erst später seine volle Bedeutung entfaltet.

Erinnern Sie sich bitte einmal zurück an Ihre Kindheit. Haben Sie zwei oder mehrere Vornamen? Ist es bei Ihnen auch so gewesen, daß ein Name Ihr Rufname war, während Sie die oder den anderen wie ein Geheimnis in sich trugen und nur Ihren besten Freunden offenbarten?

Das ist vielfach so, doch was macht die zusätzlichen Vornamen so außergewöhnlich?

Zum einen ist es einfach komplizierter, immer mehrere Vornamen zu verwenden. Niemand verwendet gerne die Anrede Karl Egon, wenn Karl vollkommen ausreicht. Die Anrede Karl Egon dauert nicht nur länger, sie verlangt auch eine höhere Gedächtnisleistung. Stellen Sie sich nur einmal vor, alle Ihre Freunde würden Ihnen ihre Doppel–, Dreifach– oder noch mehr Namen sagen und verlangen, mit ihrem vollen Namen angesprochen zu werden. Das würden Sie sicher kaum akzeptieren.

Zum anderen müssen kindheitspsychologische Aspekte berücksichtigt werden. Gerade Kinder besitzen noch einfache Denkstrukturen (viele Erwachsene übrigens auch) und identifizieren sich gerne mit einem einfachen Namen. Deshalb bevorzugt ein Kind mit dem Namen Frank Christian in der Praxis lieber den Namen Frank, ein Kind mit dem Namen Tanja Theresa wird Tanja wählen.

Nun ist es aber so, daß gerade der Vorname in der Kindheit eine starke Dominanz besitzt. Die Eltern, die Verwandten und auch alle Freunde nennen ein Kind mit dem Vornamen. (Manchmal werden auch verantwortungslose Spitznamen verwendet, mehr darüber im Kapitel über Entwicklungspsychologie.) Das führt dazu, das der Rufname stark mit dem eigenen Ich assoziiert wird. Der Zusatzname gerät mehr oder weniger in Vergessenheit. Häufig löst er sogar ein gewisses Befremden aus.

Machen Sie doch einmal folgendes Experiment: Rufen Sie einen Bekannten in gesellschaftlicher Runde mit dem wenig bekannten zusätzlichen Vornamen. Meistens wird er sich zuerst gar nicht angesprochen fühlen, anschließend wird er wahrscheinlich verwirrt reagieren. Unverarbeitete Namenskonflikte können zum Vorschein kommen. Wenn Ihnen nur wenige oder überhaupt keine Zusatznamen in Ihrem Freundeskreis bekannt sind, fragen Sie einfach die entsprechenden Freundinnen. Ehefrauen sollten Sie nicht befragen. Sie könnten dann leicht in den Verdacht geraten, mit der Frau ein Verhältnis zu haben. Schließlich gilt der zweite Vorname in unserer Gesellschaft noch immer als intime Vertrauenssache. Tatsächlich ist die Offenbarung des vollständigen Vornamens fast immer mit mehr oder weniger seltsamen Ereignissen verbunden.

Während einer Zugfahrt kam es zu einer peinlichen Situation. Ein Freund von mir tat voller Stolz kund, daß sein voller Vorname Hermann Kraft Raffael sei, wobei er die zweite Silbe seines ersten Vornamens und seinen zweiten Vornamen unnatürlich betonte. Eine junge Mitreisende versteckte sich daraufhin schamvoll hinter ihrer Zeitung, eine andere errötete heftig und blickte hilflos zu Boden. Ein junger Pendler versuchte die Situation zu entspannen, indem er bemerkte, Hermann hätte seinen zweiten Vornamen wohl erhalten, als seine Eltern eines Tages einen Blick in den Kühlschrank warfen.

Es ist eigentlich bedauerlich, daß der zusätzliche Vorname im allgemeinen verdrängt wird. Obwohl diese Taktik während der Kindheit fast immer nützlich ist, so kann ein mehrfacher Vorname im Erwachsenenalter ein nicht zu unterschätzendes Erfolgspotential darstellen. Wir haben gesehen, welchen immensen Einfluß der richtige Name auf Liebesbeziehungen hat. Menschen mit mehrfachen Namen besitzen hier einen eindeutigen Vorteil, wenn sie es verstehen, ihren Vornamen richtig zu nutzen. Modeströmungen können elegant ausgenutzt werden, indem immer der gerade aktuelle Vorname verwendet wird. Voraussetzung dazu ist natürlich, daß die Vornamen nicht alle ähnlich sind. Eltern sollten besondere Sorgfalt darauf verwenden, daß sie ihrem Kind einen Namen mit großen Erfolgsmöglichkeiten geben. Sie können zum Beispiel einen einfachen, einen komplizierten, einen edlen und einen verruchten Namen wählen. Anja Christine Tamara Lola wäre ein solcher Name mit erweiterter Nutzungsmöglichkeit. Dabei sollte aber beachtet werden, daß das Kind rechtzeitig in die Geheimnisse seines Namens eingeweiht wird. Allzu leicht könnte es sonst in eine solche Situation kommen:

„Wie heiß du eigentlich?“
„Anja Christine Tamara Lola.“
„Unmöglich, wollten dich deine Eltern mit diesem Namen bestrafen?“

Namen mit erweiterter Nutzungsmöglichkeit können im Extremfall eine ernstzunehmende Gefahr für die seelische Entwicklung eines Kindes darstellen. Eltern sollten sich deshalb genau überlegen, was sie tun. Manchmal ist es sinnvoll dem Kind erst dann seinen vollen Vornamen mitzuteilen, wenn es dafür reif genug ist. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß ein Kind immer frühzeitig seinen Namen erfährt, sei es durch geschwätzige Verwandte oder unachtsame Bekannte. Sicherer ist es, einen gewöhnlichen Namen zu verwenden und das Kind später mit anderen Namenstaktiken vertraut zu machen. Vergessen Sie bitte nicht, daß allzu gewöhnliche Namen die Gefahr der Mittelmäßigkeit mit sich bringen.

Sie mögen vielleicht denken, daß Vornamen nur in Liebesbeziehungen und im sonstigen Privatleben eine Rolle spielen. Das ist falsch. In vielen Firmen ist es bereits üblich, insbesondere beim Umgang mit Kunden, Namensschilder mit vollem Namen zu tragen. Menschen, die sich unter mehreren Vornamen den richtigen auswählen können, sind hier eindeutig im Vorteil.

Berta Hohenberge war Einkäuferin für ein großes Modehaus. Sie besaß einen erlesenen Geschmack und wählte ihre Einkäufe überdurchschnittlich gut aus. Sie litt darunter, daß ihre Arbeit von den Kollegen nicht anerkannt wurde. Nur selten erhielt sie ein Lob. Im Betrieb hieß es meisten nur „Das sind die Sachen von der Berta.“ „Guck dir mal die Klamotten an, die Berta wieder ausgesucht hat.“ Der Name Berta wurde dabei stets seltsam betont.

Als Berta eines Abends von einem mutigen Freund auf die Wirkung ihres Namens aufmerksam gemacht wurde, war sie zuerst wütend und verwirrt. Später entsann sie sich jedoch auf ihren zweiten Vornamen Caroline. Sie beschloß, ein Experiment zu wagen und trug von nun an bei ihrer Arbeit ein Namensschild mit dem Vornamen Caroline. Außerdem bat sie ihre Freunde, sie von nun an mit Caroline anzureden und auch in ihrer Abwesenheit diesen Namen zu benutzen.

Nach anfänglichem Unverständnis setzte sich dieser Name schnell durch, da er eigentlich auch viel besser zu ihr paßte. Caroline Hohenberge konnte sich schon bald an einem neuen positiven Image und einer Gehaltserhöhung erfreuen.

Eine andere Gruppe von Menschen, bei denen der Vorname eine bedeutende Rolle spielt, sind Personen des öffentlichen Lebens. Schauspieler, Sänger, Schriftsteller und Politiker sind fast immer auch unter ihrem Vornamen bekannt. Diese Menschen sind sich der Wirkung ihres Namens in vielen Fällen wohl bewußt. Schauspieler, Sänger und Schriftsteller benutzen deshalb Pseudonyme oder Künstlernamen. Seltsamerweise ist mir kein einziger Fall bekannt, in dem ein Politiker ein Pseudonym benutzt hat. Das ist insofern bemerkenswert, als daß es diese Personengruppe im allgemeinen mit der Wahrheit nicht allzu genau nimmt. Ich wurde einmal darauf hingewiesen, daß ein falscher Name bei einem Politiker das öffentliche Vertrauen zerstören würde. Ich konnte dieses Argument entkräften, indem ich darauf verwies, daß viele Schauspieler Vertrauen erwecken würden. In den USA ist sogar schon einmal ein Schauspieler Präsident geworden. Außerdem bezweifele ich generell, daß es so etwas wie ein öffentliches Vertrauen in Politiker gibt. Ich werde später zeigen, daß gerade in der Politik der richtige Name eine große Rolle spielt.

Geld ist der Meister aller Sachen,
weiß aus Nein oft Ja zu machen.
H. v. Abschatz